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Kontrollrechte der Waffenbehörden bei der „Nachschau“ nach § 36 Abs. 3 WaffG

Wenn ich ehrlich bin und an die Verhandlungen um das Waffenrecht in Berlin denke, dann muss ich zugeben, dass ich froh war, dass der Druck der möglichen Kontrollen nach den Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren des vergangenen Jahres viele der ewig Gestrigen zur Räson gebracht hat, wie der rasante Anstieg der Verkaufszahlen von Waffenschränken nach Winnenden und insbesondere nach Bekanntwerden der Pläne der großen Koalition bewies. 

Ich halte es auch für absolut unverantwortlich und politisch naiv, wenn klare gesetzliche Aufbewahrungsvorgaben derartig missachtet werden, wie es offensichtlich in hunderten Fällen in Baden-Württemberg festgestellt wurde.  

Wohlgemerkt: Es geht nicht darum, dass bei der Aufbewahrung Fehler gemacht werden, das passiert (z.B. falscher Widerstandsgrad des Schrankes). Es geht darum, dass Mitglieder einer gesamtgesellschaftlich kleinen Randgruppe klare gesetzliche Anforderungen schlicht missachten, nach dem Motto: „Wird schon keiner mitkriegen“ und glauben, das derartiges Verhalten ohne Einfluss bleiben wird.

Nun, in Berlin hat man die Ergebnisse der Nachschau in Baden-Württemberg wahrgenommen  und uns schon genüsslich gefragt, wie das den mit dem von uns doch stets so betonten Bild vom „gesetzestreuen, zuverlässigen, staatstragenden Bürger“ in Einklang zu bringen sei. Für das Lobbying des legalen Waffenbesitzes schlicht eine Katastrophe.  

Legaler Waffenbesitz ist – auch wenn es einige Hardliner nicht akzeptieren wollen – auf gesellschaftliche Akzeptanz angewiesen und die gewinnt man nicht, wenn bekannt wird, dass sich nicht unerhebliche Teile der legalen Waffenbesitzer nicht an die vereinbarten Spielregeln halten, das sind Gesetze nun einmal.

Das ist die eine Seite. 

Die andere Seite ist, dass die Abgeordneten des Bundestages etwas Richtiges wollten, nämlich für eine korrekte Aufbewahrung der Schusswaffen Sorge zu tragen, aber aus dem Dilemma des verfassungsrechtlichen Rahmens nicht zu einer rechtlich haltbaren Lösung finden konnten.

Was jetzt im Waffengesetz, genauer in der Begründung hierzu, geregelt ist, wird im juristischen Schrifttum einhellig und zu Recht als verfassungswidrig kritisiert: 

Das Waffengesetz 2009 windet sich nämlich um das verfassungsrechtliche Problem der Unverletzlichkeit der Wohnung herum, in dem im Gesetz selbst es das Kontrollrecht der Behörde auf die Fälle der dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit beschränkt, andererseits aber – in der Begründung des Gesetzes - das Berufen auf die Unverletzlichkeit der Wohnung seitens des Waffenbesitzes (in Fällen, in denen diese dringende Gefahr nicht besteht) mit der Drohung geißelt, dass der Waffenbesitzer dann als unzuverlässig angesehen wird. 

Damit wird eindeutig versucht, durch entsprechenden Druck auf den Waffenbesitzer, einen Grundrechtsverzicht – Unverletzlichkeit der Wohnung – zu erreichen, was eindeutig nicht verfassungsgemäß ist.

Soweit zur Ausgangslage der durchgeführten Kontrollen in Baden-Württemberg und anderswo. Es kommen aber noch zwei weitere Komponenten hinzu:

1.    Die Behörden in Baden-Württemberg verlangen für die Durchführung der Kontrollen, auch wenn der Waffenbesitz zuvor korrekt Auskunft über die Aufbewahrung erteilt hat und bei der Nachschau festgestellt wurde, dass die Aufbewahrung absolut korrekt  war, von den kontrollierten Waffenbesitzern Gebühren die über 150 € liegen, in einem Kreis wurden sogar Beträge bis 320 € angekündigt.

2.    Bei der Durchführung der Kontrollen beschränken sich die Behörden nicht auf die Überprüfung der Aufbewahrung, sondern prüfen gleichzeitig noch den Waffenbestand nach Art, konkreter Waffe und Anzahl.

Damit werden die Karten, um es umgangssprachlich zu formulieren, neu gemischt.

Tatsache ist, dass der Bund in der Begründung des Waffengesetzes 2009 formuliert, dass die Kontrollen der Aufbewahrung im öffentlichen Interesse erfolgen und damit keine Gebühren ausgelöst werden sollen. Tatsache ist auch, dass andere Länder, z.B. Bayern in den Verwaltungsvorschriften diesen Sachverhalt eindeutig festschreiben, wonach eben keine Gebühren verlangt werden dürfen. 

Umso unverständlicher ist es, wenn nun in einigen Landkreisen in Baden-Württemberg die Behörden – nach vollständig erteilter Auskunft zu Art und Umfang der Aufbewahrung – Waffenbesitzer noch mit einer (ergebnislosen) Kontrolle und einem anschließenden Gebührenbescheid über mehrere hundert Euro überziehen. 

Ebenso wenig akzeptabel ist die Praxis, angelegentlich der Überprüfung der Aufbewahrung, quasi „so nebenbei“ die aufbewahrten Waffen (Art und Nummer) zu kontrollieren. Diese Praxis der Behörden, die aus mehreren Landkreisen berichtet wurde, ist schlicht rechtswidrig.

§ 36 Abs. 3 des Waffengesetzes 2009 bestimmt: „Wer erlaubnispflichtige Schusswaffen, Munition oder verbotene Waffen besitzt oder die Erteilung einer Erlaubnis zum Besitz beantragt hat, hat der zuständigen Behörde die zur sicheren Aufbewahrung getroffenen oder vorgesehenen Maßnahmen nachzuweisen“. 

Ausschließlich auf diese Maßnahmen, die „zur sicheren Aufbewahrung getroffen wurden“, beschränkt sich das Kontrollrecht der Behörde, also auf die Frage, ob die den vorhandenen Waffen – diese sind der Behörde aus den Akten bekannt – entsprechenden Aufbewahrungsbehältnisse vorhanden sind. 

Die Überprüfung des Waffenbestandes selbst ist in § 39 Waffengesetz – abschließend – geregelt. Dort ist bestimmt, dass die Behörde das Recht hat, von Waffenbesitzern die Vorlage der Waffen auf der Behörde zu fordern. Sie hat eben gerade nicht das Recht, diese Überprüfung zuhause vorzunehmen. Insoweit wurde in § 36 Abs. 3 der Grundsatz der Unverletzlichkeit der Wohnung gerade nicht eingeschränkt, eine erweiternde Auslegung ist – Grundsatz des geringst möglichsten Eingriffs – nicht zulässig.  

Die beiden beschriebenen Vorgehensweisen sind eine Art des Umgangs, die genauso wenig zu akzeptieren sind, wie das eingangs beschriebene Verhalten unserer Kollegen. 

Ich gebe ja zu, dass ich, wenn nach 7 Jahren gesetzliche Vorschriften noch nicht eingehalten werden, durchaus Verständnis hätte, wenn ein Kostenbescheid übersandt wird, aber doch nicht dann, wenn ein Waffenbesitzer über korrekte Aufbewahrung Auskunft erteilt hat und eine Kontrolle die Auskunft nur bestätigt. Diese Kontrolle erfolgt eindeutig ausschließlich im öffentlichen Interesse.

Es soll nicht verschwiegen werden, dass es sowohl in Baden-Württemberg, als auch in NRW, das ja ansonsten einen Ruf zu verlieren hat, auch anders geht.

In einem Landkreis in Südbaden hat die Behörde – ohne Kostenbescheid – Kontrollen nach Anmeldung beim Betroffenen durchgeführt und bei Beanstandungen eine Frist zur folgenlosen Beseitigung der Mängel eingeräumt. 

In NRW hat eine Behörde die Waffenbesitzer angeschrieben und angeboten zu beraten, wobei dann eine gewisse Zeit zur Abstellung der Mängel eingeräumt wurde. Auch in diesem Fall wurden keine Gebühren erhoben.

Wenn man so – nahezu partnerschaftlich – miteinander umgeht, ist es sicherlich sinnvoll, nicht auf seinen Rechten zu beharren, sondern sich auf einen Dialog – sei er verfassungsrechtlich korrekt oder nicht - einzulassen. 

Darin liegt auch das Dilemma der jetzt von manchen Vereinigungen favorisierten Verfassungsbeschwerde (Interessanterweise wird auf der Web-Site einer dieser  Vereinigungen das Kontrollrecht ausdrücklich begrüßt, weil es ansonsten keine Möglichkeit gegen schwarze Schafe gebe, andererseits die Verfassungsbeschwerde angekündigt).

Das Problem ist: Das Gesetz selbst ist sicherlich verfassungsgemäß formuliert, insoweit geht eine Verfassungsbeschwerde ins Leere. Was nicht verfassungsgemäß ist, ist die Begründung des Gesetzes und gegebenenfalls eine sich daraus ergebende Verwaltungspraxis. Gegen die Entziehung einer WBK wegen Verweigerung der Nachschau wird man sicherlich „bis vor’s Verfassungsgericht“ gehen müssen, da bin ich auch überzeugt, dass ein Entzug wegen der Weigerung des Waffenbesitzers als verfassungswidrig angesehen würde.

Nur: Hilft es uns, die oben genannten Beispiele guter „Zusammenarbeit“ zu verhindern? Ich meine nicht! Denken wir doch einfach an die Tatsache, dass eine Vielzahl der erweiterten Selbstmorde (Amokläufe) der letzten Jahre mit mangelnder Aufbewahrung von Schusswaffen zu tun hatte. Der legale Waffenbesitz kann sich ein weiteres Winnenden oder Erfurt schlicht nicht leisten.

Deshalb haben sich die Dachverbände der Schützen und Jäger auch – durchaus im eigenen wohlverstandenen Interesse – nach Winnenden zur Zusammenarbeit in der Frage der Kontrolle, auch unter Zurückstellung von Bedenken, bereiterklärt.

Anders liegt es derzeit in Baden-Württemberg. Wenn Behörden anlasslose, unangemeldete Kontrollen durchführen, dafür Kosten geltend machen und noch den Rahmen der ihnen eingeräumten Befugnisse eindeutig überschreiten, ist dass eine Art des Umgangs, die sich zumindest der nicht gefallen lassen muss, der sich konsequent an den ihm gesetzten Rechtsrahmen hält. 

Meine Empfehlung kann daher  nur lauten:

  1. Halten sie die gesetzlichen Aufbewahrungsvorschriften konsequent ein.
     
  2. Wenn die Behörde anfragt, geben Sie vollständig Auskunft.
     
  3. Wenn die Behörde zur Kontrolle kommt, schicken Sie sie weg, mit dem höflichen Hinweis auf die Tatsache, dass Sie mit der Geltendmachung von Kosten nicht einverstanden sind. Keine Angst, eine zwangsweise Durchführung der Kontrolle ist auch nach der Begründung des Gesetzes selbst nicht zulässig.
     
  4. Falls Sie dennoch die Behörde einlassen, so gilt die Prüfung der Behörde allein den von Ihnen zur sicheren Aufbewahrung getroffenen Maßnahmen, nicht der Frage, ob alle Ihre Waffen ihm  Schrank mit den Angaben in der WBK übereinstimmen. Lassen Sie im eigenen Interesse keine weitere Überprüfung zu, auch wenn Sie sich nichts vorzuwerfen haben.
     
  5. Wenn Sie die Behörde weggeschickt haben schreiben Sie die Behörde an und erläutern die Gründe Ihrer Weigerung (Kosten, Verhalten bei Prüfung) und verweisen nochmals auf die bereits zuvor erteilte korrekte Auskunft und Ihr Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre.

Wie sagt der Volksmund: Wie man in den Wald hinein schreit, ……. 

Joachim Streitberger

Rechtsanwalt